EBVE Europa | VdPBS | Nachrichtenleser

Skitourenreise Georgien 2019

Thomas Färbinger | 05.05.2019 um 13:49 Uhr

Als Hauptziel der Skitourenreise Georgien 2019 stand der 5033 m hohe Kazbek auf der Agenda. Wegen der insgesamt eher ungünstigen Wetterlage wurde aus dieser geplanten Unternehmung zwar nichts, dafür konnten wir dennoch zahlreiche schöne Skitouren durchführen.

Anreise

Nachdem sich am 13.04.2019 die Reisegruppe um Walter, Anderl, Lenz, Klaus, Gebs und Tom am Memminger Flughafen traf, ging es gegen 20:30 Uhr gemeinsam mit dem Flugzeug nach Kutaissi in Georgien.

Von dort fuhren wir mit einem Linienbus in die Hauptstadt Tiflis. Für die letzten ca. 170 km stiegen wir auf ein Taxi um.

Das Taxi, ein Toyota Ipsum Siebensitzer, war bereits durch uns sechs Reiseteilnehmer und den Taxifahrer vollständig ausgefüllt, sodass unser Ski- und Reisegepäck auf dem zu kleinen Dachgepäckträger untergebracht werden musste. Der Pkw wurde gekonnt durch die anwesenden Taxifahrer am Freiheitsplatz in Tiflis überladen. Obwohl beim Festzurren bereits die ersten Sicherungsschnüre rissen, zeigte sich später noch die fachmännische Ladungssicherung der Taxifahrer.

Als wir auf der Georgischen Heeresstraße den Kreuzpass überwunden hatten und nur noch 20 km von unserem Ziel, dem Alpenhaus in Stepantsminda entfernt waren, musste der Taxifahrer wegen des schlechtenStraßenzustands „unerwartet“ stark abbremsen. Dabei riss der mit ca. 200 kg deutlich überladene Gepäckträger aus seiner Verankerung und rutschte über die Windschutzscheibe und Motorhaube und blieb nach einem Überschlag auf der „Fahrbahn“ liegen. Die Sicherungsschnüre hielten dabei Ski- und Reisegepäck sowie den Dachgepäckträger in einem Stück zusammen. Glücklicherweise blieb unsere Skiausrüstung bei diesem Zwischenfall unbeschädigt und wir konnten, nachdem wir die Straße zu viert von unserem Material befreiten, die Fahrt zumindest teilweise fortsetzen. Drei von uns fuhren mit dem gesamten Material die letzten Kilometer Richtung Alpenhaus. Die anderen drei konnten nach waghalsigen Durchquerungen der Tunnels zu Fuß der georgischen Heeresstraße per Anhalter nach Stepantsminda gelangen. Die Straße um den Kreuzpass gilt als einer der gefährlichsten Straßen der Welt.

Nach einem Frühstück erholten wir uns von der fast 19-stündigen Anreise und besichtigten im Laufe des Tages noch Stepantsminda.

 

Sadzele Hauptgipfel 3123m

Bei insgesamt schlechter Sicht ging es von der Georgischen Heerstraße, unweit von Kobi und dem Skigebiet von Gudauri, über flache Hänge hinauf Richtung Sadzele Hauptgipfel. Die immer schlechter werdende Sicht und Schneefall in der vorausgegangenen Nacht ließen uns noch vor erreichen des Gipfels in einer immer steiler werdenden Nordflanke des Sadzele Hauptgipfel in einer Höhe von ca. 3100 m vorzeitig umdrehen. 

 

Elia Middle Peak 3068m (oder auch Guglhupf)

Der zweite Skitourentag startete in Achkhoti. Von dort mussten wir die ersten ca. 350 hm unsere Ski am Rucksack über einen steilen Grashang bis zu einer kleinen Kapelle tragen, zu der kein Wanderweg führte. Von dort an führte uns unser Weg über einen Rücken durch schweren und nassen Altschnee bis auf einen Gipfel der Tsiteli Range. Da in der Region kaum Gipfelnahmen vergeben sind, bzw. aufgrund des georgischen Schriftbildes nicht zu lesen sind, haben wir uns auf Elia Middle Peak bzw. nach dem Erscheinungsbildes auf „Guglhupf“ geeinigt.

Die Abfahrt im oberen Bereich wurde mit guten Schneeverhältnissen belohnt. Weiter unten waren nur noch tiefer Sulzschnee bzw. die steile Grasleiten zu finden.

Es war die erste Skitour von Gebs, bei der er beim Abstieg auf eine Schlange stieß. Fraglich war, wer von den beiden mehr überrascht war. Skitourengeher werden die georgischen Schlangen auch nicht so häufig zu Gesicht bekommen. Wir haben ebenfalls in acht Tagen auf Skitour nur drei Skitourengeher getroffen.

 

3. Tag - keine Skitour

Das Wetter machte uns während unseres Aufenthalts nur einmal gewaltig einen Strich durch die Rechnung. Dies dafür schon am dritten Tag. Starker Schneeregen zwang uns einen Pausetag einzulegen. Trotzdem konnten wir nicht den ganzen Tag in unserer Unterkunft verbringen.

In schwerer Regenkleidung gingen wir zu Fuß von unserer Unterkunft zur Gergeti Church, einer der touristischen Sehenswürdigkeiten in Georgien. Die Kuppelkirche aus dem 14. Jahrhundert war allemal einen Besuch wert, wenngleich uns auch der Ausblick zum Kazbek von dort verwehrt blieb.

An diesem Tag fielen bis zu 70cm Neuschnee, daraufhin sperrte die örtliche Polizei den Kreuzpass. Fahrzeuge, die auf der Straße unterwegs waren, wurden aufgefordert, mehrere Stunden in den Tunnels zu bleiben. Dies brachte uns zum Nachdenken. Was wäre, wenn an unserem Abreisetag die gleiche Wettersituation herrscht und der Pass gesperrt wird. Es gibt dann nur eine Möglichkeit. Eine Fahrt 13 Kilometer nach Norden an die russische Grenze, sich dort ein Visum ausstellen lassen, Weiterfahrt nach Grosny und an das Kaspische Meer. Weiter durch die Hauptstadt Baku in Ascherbaidschan, ein kurzes Stück durch Armenien und nach knapp 9 Stunden Fahrzeit ist man schon wieder in Tiflis. Aber so weit kam es Gott sei Dank nicht.

 

Über Terkhena auf den Narvani North Peak 3110m

Insgesamt startete der Tag bereits sehr warm. Die Beobachtungen der letzten Tage ließen vor allem Gleitschneelawinen im steilen und felsdurchsetzten Gelände erwarten. Wir starteten an diesem Tag in Sioni und mussten ein langes Tal mit flachem Anstieg durchqueren. Die Hänge links und rechts des Tales waren steil. Sehen konnten wir aufgrund des Nebels nichts. Über uns hörten wir immer wieder kleinere Lawinen aus dem Steilgelände abgehen, wobei keine der Schneemassen bis an den Talgrund reichte.

Weiter hinten im Tal, als die Hänge steiler wurden, lichtete sich die Wolkendecke. Wir konnten immer wieder das Gelände sehen und so weiter bis über die Wolkendecke aufsteigen. Dort wurden wir mit schönstem Sonnenschein belohnt, wobei uns zeitlich die unerwartet hohen Temperaturen im Aufstieg schon zu schaffen machten. Wegen des Wetters und der anschließenden Abfahrt war es eine der schönsten Skitouren die wir dort unternommen haben.

 

Sadzele Middle Peak 3268m

Schon beim Frühstück war klar, dass das Wetter an diesem Tag wieder bewölkt sein würde. Deshalb haben wir einen erneuten Versuch unternommen, um auf einen der Sadzele-Gipfel zu gelangen. Diesmal starteten wir bei Sonnenschein wieder in der nähe von Kobi, gingen dann bei zunehmender Bewölkung ab der Mittelstation über die menschenleere Piste des Gudauri Skigebiets bis auf das Joch des Kobi Passes. Dort mussten wir einige Zeit warten, um bei der tristen Wetterlage den Weg über den Grat zum Sadzele Middle Peak zu erkennen. Durch viel Glück konnten wir für zwei Minuten die nächsten 200 Hm über den Grat zu Gipfel sehen und gingen sofort los. Mit Wind und Nebel gelangten wir bis zum Sadzele Middle Peak. Bei der schlechten Sicht fuhren wir umgehend wieder entlang der Aufstiegsspur ab. Für eine Rast am Gipfel war das Wetter einfach zu unwirtlich.

Abgesehen von der schlechten Sicht hatten wir aber ab dem Kobi Pass bis zum Ausgangspunkt gute Skiverhältnisse, sodass wir der Skiabfahrt doch noch einige schöne Schwünge abringen konnten.

 

Grobe Richtung – Kazbek mit Gipfel Bethlemi Peak 3642m

Dass sich dieser Tag noch zu einem absoluten Highlight des Skitourenausflugs entwickeln würde, war beim Frühstück noch nicht absehbar. Um uns rum wieder dichter Nebel. Trotzdem starteten wir nach einer kurzen Taxifahrt in der Nähe der Gergeti Kirche. Mit den Tourenski ging es im Nebel einen langen Rücken bis zu einer Querung bei der „Schweizer Hütte“ am Kazbek-Zustieg. Dort trafen wir auf 2900 m einen Hund, der uns bis auf den Gipfel und wieder zurück zum Ausgangspunkt an der Gergeti Kirche begleitete. Ausdauernd ging der Hund mit uns bis auf einen namenlosen 3620 m hohen Gipfel südlich des Kazbek. Glücklicherweise hatten wir oberhalb von 3000 m schönstes Wetter und konnten bei der ausreichend kalten Witterung die Abfahrt im Pulverschnee bis fast zur Querung genießen.

 

Hapham Grat

Von Kobi aus starteten wir unsere Tour ein Tal nordöstlich des Sadzele Richtung Grat des Hapham (phon.). Entgegen unserer ursprünglichen Planung gingen wir bereits das erste Seitental Richtung Süden, da der Bachlauf entlang der geplanten Tour schneefrei war und augenscheinlich nur aus losem Gestein bestand. Über einen flachen Bachlauf gelangten wir in einen großen Kessel. Auf dem Weg dorthin passierten wir zum Teil auch große Gleitschneelawinen, die bis an den Talgrund hinab reichten.

Das Wetter machte uns an diesem Tag wieder einen Strich durch die Rechnung. Ab 2600 m Höhe verdichteten sich die Wolken und neben viel Wind fiel auch noch Schnee. Da wir schon beim Zustieg einen weiteren lohnenden Abfahrtshang entdeckten, brachen wir den Aufstieg ab, fuhren ein paar hundert Höhenmeter ab und stiegen noch einmal einen weiteren Hang hinauf.

Wiederrum auf 2600 m verschlechterte sich das Wetter, sodass wir letztendlich bis ins Tal abfuhren und in unsere Unterkunft zurückkehrten. Trotzdem konnten wir erneut ein paar lohnende Abfahrtshöhenmeter mitnehmen.

 

Dedaena 3488m

Der Skitourentag zum Dedaena begann mit einer lebensgefährlichen Taxifahrt zum Ausgangspunkt. Die 20 Minuten Fahrzeit legte unser georgischer Taxifahrer in Rekordzeit zurück. Allerdings muss man dabei in Betracht ziehen, dass es nur dem glücklichen Zufall zu verdanken ist, dass wir alle noch am Leben sind. Der Fahrer überholte permanent an nicht einsehbaren Kuppen, bei Gegenverkehr (LKW) und riss unkontrolliert am Lenkrad. Warum er die Schlaglöcher in der Straße nicht eher erkannte, erschloss sich uns nicht.

Einmal, als wir eine Verkehrspolizeistation passierten, wurde kurzfristig die Geschwindigkeit reduziert und das Anschnallen auf den vorderen Plätzen simuliert. Das Anlegen des Sicherheitsgurtes verbot sich, da es für Taxifahrer eine Beleidigung ihrer fahrerischen Fähigkeiten darstellte.

Die Skitour selbst startete in einer Kehre kurz vor dem höchsten Punkt am Kreuzpass und zog über ein flaches Kar bis zu einem steilen Grat, der selbst bei günstigen Verhältnissen oft mit Steigeisen begangen werden muss. Der sonst oft als Eingehskitour bevorzugte Dedaena war nun der letzte Berg unserer Skitourenreise.

 

Rückflug:

Für die Heimreise konnten wir schon bald im Vorfeld einen Taxifahrer aus Stepantsminda gewinnen. Er verfügte über ein geeignetes Fahrzeug – im Gegensatz zur Anreise – und war bereit, uns direkt von Stepantsminda nach Kutaissi zu fahren. Auch sein Fahrstil entsprach, im Vergleich zu dem völlig wahnsinnigen Fahrer vom Vortag, unseren Vorstellungen. So konnten wir entspannt die Rückreise hinter uns bringen. Nach insgesamt 20 Stunden Reisezeit waren wir alle wieder wohlauf zuhause angekommen.

 

Michi Gebhardt

Bildgalerie

Zurück